17. September 2022 – 17 Uhr | Gertraude Krueger: Julian Barnes vorgestellt

Julian Barnes ist einer der wichtigsten zeitgenössischen englischen Autoren. Mit seinem Roman „Flauberts Papagei“ war ihm  1984 der internationale Durchbruch gelungen, mit diesem Titel stand er zum ersten Mal auf der Shortlist des Man Booker Prize, den er 2011 für „Vom Ende einer Geschichte“ erhielt. Neben seinen Romanen verfasste Barnes zahlreiche Essays und Kurzgeschichten, unter dem Pseudonym Dan Kavanagh veröffentlichte er eine Reihe von Kriminalromanen.

Die Übersetzerin Gertraude Krueger, die fast zwanzig Bücher in fast vierzig Jahren von Barnes übersetzte und bestens mit seinem Werk vertraut ist, stellt den Autor vor und gibt Einblicke in ihre Arbeit als Vermittlerin zwischen zwei Sprachen.
Barnes Buch „Der Lärm der Zeit“, um das es vor allem gehen wird, ist ein erschütternder Roman über den russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch. Er erzählt über das von Repressionen geprägte Leben Schostakowitsch‘ in meisterhafter Knappheit – ein großartiger Künstlerroman, der die Frage der Integrität stellt und traurige Aktualität genießt.

Im Mai 1937 wartet ein Mann jede Nacht neben dem Fahrstuhl seiner Leningrader Wohnung darauf, dass Stalins Schergen kommen und ihn abholen. Der Mann ist der Komponist Schostakowitsch, und er wartet am Lift, um seiner Familie den Anblick seiner Verhaftung zu ersparen.
Die Gunst der Mächtigen zu erlangen, hat zwei Seiten: Stalin, der sich plötzlich für seine Musik zu interessieren scheint, verlässt noch in der Pause die Aufführung seiner Oper »Lady Macbeth von Mzensk«. Fortan ist Schostakowitsch ein zum Abschuss freigegebener Mann. Durch Glück entgeht er der Säuberung, doch was bedeutet es für einen Künstler, keine Entscheidung frei treffen zu können? In welchem Verhältnis stehen Kunst und Unterdrückung, Diktatur und Kreativität zueinander, und ist es verwerflich, wenn man sich der Macht beugt, um künstlerisch arbeiten zu können?

Im an die Lesung anschliessenden Gespräch wird Getraude Krueger über ihre jüngste Arbeit, den im November herauskommenden neuen Roman von Julian Barnes „Elizabeth Finch“ sprechen. Es geht um platonische Liebe und den Tod einer besonderen Frau, der zum Anlass für die tiefere Auseinandersetzung eines Mannes mit Liebe, Freundschaft und Biografie wird. Das Buch ist eine intelligente Hommage an die Philosophie, ein Ausflug in die Geschichte, eine Einladung, selbst zu denken. 

 

 

© Alan Edwards/f2images
© Alan Edwards/f2images

JULIAN BARNES, geboren 1946 in Leicester, England, wuchs in London und Northwood auf. Bis 1968 studierte er am Magdalen College in Oxford Moderne Sprachen und schloss das Studium mit Auszeichnung ab. Drei Jahre lang arbeitete er als Lexikograph für das Oxford English Dictionary supplement, trat dann eine Stelle als Redakteur bei der New Review und dem New Statesman an, bevor er von 1979 bis 1986 erst als Fernsehkritiker für den New Statesman und den Observer tätig war. 1979 heiratete Barnes seine Agentin Patricia Olive Kavanagh, die 2008 den Folgen eines Gehirntumors erlag. Julian Barnes setzt sich mit dem plötzlichen Tod seiner Frau in seinem Buch Lebensstufen auseinander. Er widmet ihr den Großteil seiner Werke. Für seine Bücher wurde er mit zahlreichen europäischen und amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. Die jüngsten seiner ins Deutsche übersetzten Bücher sind  „Der Lärm der Zeit“ (2018), „Der Mann im roten Rock“ (2021), „Kunst sehen“ 2020/22) – natürlich sämtlich übertragen von Gertraude Krueger.
Julian Barnes lebt und arbeitet in London.

© Marlene Pfau

GERTRAUDE KRUEGER, geboren 1949, lebt als freie Übersetzerin in Berlin. Zu ihren Übersetzungen gehören u.a. Sketche der Monty-Python-Truppe und Werke von Julian Barnes, Alice Walker, Valerie Wilson Wesley, Jhumpa Lahiri und E.L. Doctorow.

 

 

 

 

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