„Heutzutage können die Dichter nicht mehr zwischen einer Hecke und einem Drahtzaun unterscheiden, weil sie permanent auf ihr Display starren“ – so Gerhard Falkner, selbst ein Dichter. Er allerdings zog ohne Display in die Natur, genauer in das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und angrenzende Landschaften. Den daraufhin entstandenen, soeben ganz frisch erschienenen Gedichtband nennt er „Schorfheide – Gedichte en plein air“.

Nahezu alle Gedichte im Band tragen den Titel Schorfheide, selbst wenn sie in Uckermark oder Oderbruch entstanden sind. Schorfheide, der Name ist vor allem symbolisch zu sehen: Er steht für Landschaft, Natur, Nachdenken, Empfinden, Schauen. „Ich bin unten bei den alten Weiden gewesen und habe in den Pfefferminzen gelesen, ich habe in den Blättern der Nesseln geblättert und mich „12. Oktober 2019 – 19 Uhr | Gerhard Falkner: Schorfheide – Gedichte en plein air“ weiterlesen

Was paßt besser zu einer Lesung in einem alten Bahnhof als Geschichten vom Unterwegssein, von Menschen, von unverhofften Reisebekanntschaften. Manuela Reichart gab ihrem Buch den Titel „Schon wieder Verspätung!“ – damit ist die Bahn als unerwarteter Begegnungs- und Handlungsort angekündigt. Die Autorin gehört zu jenen Menschen, die viel und gerne reisen und dies mit offenen Ohren und Augen.
Ein alter Spruch besagt: Wenn die Menschen wüssten, wie wertvoll die Brennnessel ist, dann wäre sie längst ausgerottet. Der Literaturprofessor und Kräuterexperte Ludwig Fischer hat mit „Brennnesseln“ ein Buch geschrieben, das eine erstaunliche Natur- und Kulturgeschichte dieser als Unkraut verachteten und gemiedenen Pflanze erzählt: Weshalb Jeanne d’Arc in einem Nesselgewand zur Hinrichtung gekarrt wurde; dass man Nesselfasern heute in den Innenauskleidungen von Autos wiederfinden kann; wie die ›Donnernessel‹ den Göttern verbunden war; dass Brennnesseln, unter Obstbäume gepflanzt, den Ertrag steigern und ihre Samen schon in der Antike als Aphrodisiakum galten….
Egal ob Ucker- oder Steiermark, die Frage bleibt dieselbe: Wie einen stillgelegten Bahnhof umbauen, an dem keine Züge mehr verkehren? In der Uckermark war es rasch entschieden: Hier ziehen eine Tourismusinformation, die Naturwacht und ein Café ein. Macht ja auch Sinn inmitten eines Biosphärenreservates. Was aber geschieht mit einem alten Bahnhof wie in dem in der österreichischen Steiermark gelegenen Neuberg, an dem nicht einmal mehr Züge vorbeifahren. Eröffnet 1879, geschlossen 1996, alterte er in den wenigen letzten viel schneller als in den ersten 100 Jahren. Wie macht man einen Bahnhof wieder neu, der keine Bahnsteige oder Gleise mehr hat? Ist der Bahnhof Neuberg überhaupt noch ein Bahnhof?
Während Europa von Kriegen und Umwälzungen erschüttert wird, kämpft eine Familie von Schweinezüchtern um ihr Fortbestehen – und nutzt die in immer größerem Maßstab stattfindende Ausbeutung des Rohstoffs Tier, um sich in unsere heutige, hochindustrialisierte Welt hinüberzuretten. Éléonore, Kind eines kranken Vaters und einer lieblosen Mutter, erbt Anfang des 20. Jahrhunderts von ihren Vorfahren Schweine und die Gewissheit,