14. Juli 2019 – 15 Uhr | Nächste Verbindung: Warnitz – Neuberg und zurück! Ein Gespräch zwischen zwei Bahnhöfen aus der Ucker- und Steiermark

Egal ob Ucker- oder Steiermark, die Frage bleibt dieselbe: Wie einen stillgelegten Bahnhof umbauen, an dem keine Züge mehr verkehren? In der Uckermark war es rasch entschieden: Hier ziehen eine Tourismusinformation, die Naturwacht und ein Café ein. Macht ja auch Sinn inmitten eines Biosphärenreservates. Was aber geschieht mit einem alten Bahnhof wie in dem in der österreichischen Steiermark gelegenen Neuberg, an dem nicht einmal mehr Züge vorbeifahren. Eröffnet 1879, geschlossen 1996, alterte er in den wenigen letzten viel schneller als in den ersten 100 Jahren. Wie macht man einen Bahnhof wieder neu, der keine Bahnsteige oder Gleise mehr hat? Ist der Bahnhof Neuberg überhaupt noch ein Bahnhof?

So entstand die Idee eines NEUBERG COLLEGE – VEREIN FÜR ÜBERSETZUNG DER GESELLSCHAFT. Die beiden Neuberg-Akteure FELIX REINSTADLER, Doktorand / FU Berlin, und PETER WATERHOUSE, Autor / Österreich, erzählen in Wort und Bild von einem spannenden Projekt und freuen sich auf einen Warnitz-Neuberger Austausch.
Es geht um Warnitz-Neuberg und zurück, Mürz und Muri, Utazás und Urinette, Züge mit Ziegen, das Stift und Stiften, Misstrauen und Schnee, Kindisches und Industrie, Ehre mit Amt, ASZ mit BDA, Poesie und Öklo, Bien und Bienen und Normalienpläne! Bei Beschwerden oder unerwarteten Nebenwirkungen fragen Sie Ihre Zugbegleiter!

Bahnen gibt es noch viele am Neuberger Himmel – die Bahnen der Sterne und Planeten gibt es, die Mondbahn gibt es und die Sonnenbahn und die Flugbahnen der Schwalben. Die Wasser bahnen sich ihre Wege ins Tal, der Wind sich seinen Weg. In allen Himmelsrichtungen liegen um den Neuberger Bahnhof die Wildbahnen. Schlittenspuren im Winter auf der Schlittenbahn. Diese und jener beginnt eine Laufbahn. So dachten sich Mitglieder des Vereins Neuberg College, des Architekturkollektivs studio magic und BürgerInnen der Marktgemeinde Neuberg/Mürz:
Setzen wir den Bahnhof auf eine neue Umlaufbahn, setzen wir ihn in Bewegung, da die Eisenbahn mit den Zugreisenden nicht mehr zu ihm kommen kann.

Am Neuberg College gibt es keine strikte Trennung von Arbeit und Spiel, Forschung und Handwerk, von Curriculum und außer-curriculären Tätigkeiten. Die TeilnehmerInnen der Projektwochen forschen, arbeiten, wandern und essen gemeinsam; Sie bilden ein Kollegium [lat. colligere: zusammenbringen, sammeln], eine wirkliche Genossenschaft.
Es gibt keine Trennung zwischen Lernenden und Lehrenden, sondern einen stetigen und freien Austausch zwischen den Teilnehmenden, ohne feste Rollen oder Privilegien. Auch die nicht-geistigen Tätigkeiten werden von allen mitgetragen, dazu zählt auch die Arbeit am und rund um das Bahnhofsgebäude.
Das Curriculum baut auf die Eigeninitiative und Verantwortung aller TeilnehmerInnen.

Der Verein Neuberg College wurde von einer Gruppe von Lehrenden, Forschern und Studierenden gegründet, die am Aufbau eines „Co-educational College“ (CEC) interessiert sind. Abseits der akademischen Institutionen sollen an diesem offenen Ort neue alternative Methoden der Kunst, Lehre und Wissenschaft entwickelt und erprobt werden. Interdisziplinarität, wechselnde Schwerpunkte, sowie die Partizipation aller Teilnehmer an allen Projektthemen bilden die Ausgangspunkte des Projekts. Durch die kontinuierliche Bespielung des Bahnhofs soll sich das Neuberg College zu einem fixen Anlaufpunkt für KünstlerInnen, ÜbersetzerInnen, ForscherInnen und für kulturinteressierte BewohnerInnen der engeren und weiteren Umgebung entwickeln.

www.neubergcollege.org
www.studiomagic.org
www.neuberg-muerz.gv.at

 

PETER WATERHOUSE geboren 1956 in Berlin, mehrjähriger Aufenthalt der Familie in Malaysia, nach dem Abitur 1975 Übersiedlung nach Wien, Studium Anglistik und Germanistik. Seit 1979 freiberuflicher Übersetzer, Autor und Herausgeber. 1981/82 Teaching Assistent an der University of Southern California in Los Angeles, Rückkehr nach Wien, 1984 Promotion (zu Paul Celan), 1988/89 Arbeitsaufenthalt in Rom. Sein Werk entzieht sich in weiten Teilen der Einordnung in literarische Gattungen. So veröffentlichte er neben Gedichten und Essays z.B. auch Gedichtromane. Peter Waterhouse lebt in Wien.

FELIX REINSTADLER geboren 1987 in Silandro/Schlanders (It), 2012 diplomiert an der Universität Wien in Deutscher Philologie. Er ist Mitglied im Übersetzerverein „Versatorium“ und Mitbegründer der interdisziplinären Forschungsplattform „Neuberg College“. 2016 initiierte er gemeinsam mit Refugees die „Silent University Austria“. Derzeit Doktorand an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien / FU Berlin, Thema: Adalbert Stifters Rhetorik.

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