AKTUELL 2. November | 19 Uhr : Maximilian Steinbeis + Frederik Bewer „Die verwundbare Demokratie“

Ungarn, Frankreich und die Niederlande sind eine Warnung: Die Demokratie ist in Gefahr. Während Populisten immer stärker die freiheitlichen Rechtsordnungen dieser Länder aushebeln, halten die Deutschen ihre Demokratie noch immer für unverwundbar.
Aus diesem Grund fragt Maximilian Steinbeis: Was droht Deutschland? „Die verwundbare Demokratie. Strategien gegen die populistische Übernahme“ heisst das vor wenigen Wochen erschienene Buch des Juristen und streitbaren Experten für Verfassungsfragen. Parteien wie die AfD hätten das Ziel, autoritäre Regime zu errichten, warnt Max Steinbeis. Mit seinem „Thüringen-Projekt“, von dem er in diesem Buch unter anderem berichtet, spielt er deshalb schon einmal gemeinsam mit Mitstreitern durch, wie eine „autoritär-populistische“ Übernahme hierzulande abliefe – und wie sie zu verhindern wäre. Steinbeis zeigt knallhart am Beispiel Thüringen, wie Populisten den freiheitlichen Staat zerstören könnten, indem sie Gesetze und Institutionen missbrauchen: Schulen und Universitäten, Justiz und Polizei, Medien und Kunst.
„Es wäre zum Beispiel möglich, das Recht jetzt noch an einigen Stellen anzupassen und zu konkretisieren – etwa um zu vermeiden, dass autoritäre Kräfte in Zukunft die Wahl von Bundesverfassungsrichtern blockieren können. Genauso wichtig ist es, offen über diese Gefahren zu sprechen, deshalb leisten wir gerade auch so viel Aufklärungsarbeit. Das Gefährlichste wäre, naiv und unvorbereitet zu sein“, sagt Max Steinbeis (auf BDZV)

Seit Jahren forscht und publiziert Maximilian Steinbeis zur Frage, wie anfällig die bundesdeutsche Demokratie für autoritäre Entwicklungen ist. Der Jurist und Journalist gründete 2009 mit dem Verfassungsblog eine internationale Online-Plattform zu verfassungsrechtlichen Fragen. Als Schnittstelle von Wissenschaft und Journalismus fördert das Forum die öffentliche Debatte. Erklärtes Ziel ist es, durch Aufklärung und Transparenz den Rechtsstaat und die Demokratie zu stärken.

Gesprächspartner an diesem Abend wird Frederik Bewer, ehemaliger Bürgermeister von Angermünde und damit ausgewiesener Kenner der Region, sein.

 

„Ein drängendes Plädoyer, die Gefahr endlich ernst zu nehmen – und zu handeln.“ Sachbuch-Bestenliste für September von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk Kultur

„In Polen versucht die neue Regierung gerade, die Scherben von acht Jahren PiS zusammenzukleben. In den USA erntet der letzte (und vielleicht nächste) Präsident die Früchte seiner schamlosen Besetzung des Supreme Court mit Unterstützern: Der Gerichtshof gewährte Donald Trump kürzlich Immunität für seine Taten und für seine Untaten ebenfalls.“ (Süddeutsche Zeitung)

„Wir erleben den Kampf zweier Lager, so die Analyse von Maximilian Steinbeis (Gründer und Chefredakteur des Verfassungsblogs). Auf der einen Seite steht die liberale, pluralistische Demokratie. Sie geht davon aus, dass es in einer Gesellschaft viele unterschiedliche Interessen und politische Grundhaltungen gibt. Im demokratischen Wettstreit entscheiden die Wähler, wer regiert und wer in die Opposition muss. Die Mehrheit kann Minderheit werden und umgekehrt. Grundrechte sichern den freien gesellschaftlichen Diskurs und die Interessen von Minderheiten.
Auf der anderen Seite steht der autoritäre Populismus, so Steinbeis. Populisten behaupten, dass nur sie selbst das Volk vertreten, während die anderen Parteien für kosmopolitische Eliten stehen, die nicht wirklich dazu gehören und von fremden Mächten gesteuert werden. Die Eliten unterdrücken demnach das Volk und versuchen es sogar durch ungezügelte Migration auszutauschen. Sind die wahren Vertreter des Volkes erst einmal an der Macht, ist der Wechsel zwischen Regierung und Opposition hinfällig und muss verhindert werden. Auch eine Kontrolle der wahren Vertreter des Volkes durch eine unabhängige Justiz, insbesondere durch ein Verfassungsgericht, ist nicht erforderlich.
Zu Recht steht Steinbeis ganz im Lager der pluralistischen Demokratie. Denn die Vorstellung eines homogenen Volkes war schon immer eine Schimäre und ist inzwischen auch ethnisch überholt. Wenn also schon die Prämisse falsch ist, hat das Lager des autoritären Populismus, keine wirkliche Legitimation. Die Berufung auf die wahren Interessen des Volkes ist letztlich nur eine Strategie, um an die Macht zu kommen und sie dann nicht mehr herzugeben. Weil Teile des Volkes und der Bevölkerung dabei zu Feinden erklärt werden, ist der autoritäre Populismus keine harmlose dumme Folklore, sondern gefährlich.“ (www.lto.de – Legal Tribune Online)

 

Foto: Maurice Weiss/ Ostkreuz

MAXIMILIAN STEINBEIS, Jahrgang 1970, studierte Jura und arbeitete zunächst als Redakteur für das Handelsblatt, daneben veröffentlichte er auch literarische Texte. Seit 2009 betreibt er den Verfassungsblog, wo Rechtswissenschaftler*innen aus aller Welt Analysen und Berichte über aktuelle verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Themen und Entwicklungen diskutieren. Im Jahr 2023 startete der Verfassungsblog das Thüringen-Projekt, das Szenarien einer autoritär-populistischen Machtübernahme in Thüringen erforscht. Veröffentlichungen u.a.: „Mit Rechten reden. Ein Leitfaden“ (mit Per Leo und Daniel-Pascal Zorn, 2017), „Die Zauberlehrlinge. Der Streit um die Flüchtlingspolitik und der Mythos vom Rechtsbruch“ (mit Stephan Detjen, 2019). Maximilian Steinbeis lebt in Berlin und in der Uckermark.

FREDERIK BEWER, geboren 1975, seine Eltern leben seit 25 Jahren in Altkünkendorf, der Vater war dort 10 Jahre lang Ortsvorsteher. Aufgewachsen in Schwedt, Zivildienst in der Altenpflege, Jurastudium  (beide Staatsexamen) in Berlin. 2016 bis 2024 Bürgermeister der Stadt Angermünde (siehe: www.frederik-bewer.de). Frederik Bewer lebt mit Frau und zwei Kindern in Kerkow.

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