mit Andreas Rötzer (Verleger) und
Meike Rötzer (Lektorin, Schauspielerin),
Verlag Matthes & Seitz Berlin
Zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, ist Buchmessezeit und die Verlage bringen zahlreiche spannende Neuerscheinungen heraus. Wir baten den Verlag Matthes & Seitz Berlin, eine kleine Auswahl aus seinen frisch veröffentlichten Büchern in Lesung und Gespräch vorzustellen. Es wird unter anderem um Natur, Revolution, Spinnen, Anarchie, Jagd, Bewußtseinsursprünge und Garten gehen. Und es gibt einen Büchertisch!
Hier einen kleinen Vorgeschmack auf die ausgewählten Bücher:
Eckhardt Fuhr : Jagdkunde
»Die Schönheit der Tiere macht mich oft sprachlos. Ich bewundere ihre Schläue, ihre Überlebenskunst. Ihr Fleisch esse ich gern. Deshalb töte ich manchmal eines.« Seit vielen Jahren geht Eckhard Fuhr in Berliner Forsten und anderswo auf die Jagd und erzählt in dieser Jagdkunde von persönlichen Erfahrungen auf der Pirsch, von seiner Liebe zu den Tieren und den Grundlagen eines der ältesten Handwerke der Menschheitsgeschichte, das heute einen unverzichtbaren Teil der Land- und Forstwirtschaft darstellt. Kurzweilig und unterhaltsam, stets mit großem Respekt gegenüber der Natur, beschreibt er eine andere, äußerst intime Nähe zum Wald und den ihn bewohnenden Tieren. Jäger und Nicht-Jäger lernen aus diesem Buch Wissenswertes und Kurioses aus der Geschichte und Praxis des Handwerks.
Peter Godfrey-Smith : Der Krake, das Meer und die tiefen Ursprünge des Bewusstseins
Die Begegnung mit Kraken in den Tiefen des Meeres wird zum Ausgangspunkt dieser faszinierend erzählten Evolutionsgeschichte des Bewusstseins, die sich unabhängig voneinander zweimal ereignete: Kraken und Wirbeltiere haben gemeinsame Vorfahren, und doch entwickelte sich ihre Intelligenz völlig unabhängig voneinander. Godfrey-Smith geht der Frage nach, wie Oktopusse so intelligent werden konnten, und welcher Art ihre Intelligenz ist, die nicht in einem zentralen Gehirn steckt, sondern in ihren Tentakeln. In der Begegnung mit ihnen finden wir mehr über uns selbst heraus – und wenn es einen ganz anderen, einen »außerirdischen« Geist gibt, dem wir begegnen können, dann finden wir ihn in den Oktopussen.
»Peter Godfrey-Smiths Buch bringt uns das Bewusstsein der Cephalodien und die Geschichte unseres eigenen Bewusstseins näher, Tentakel für Tentakel.« (Sloane Crosley, Vanity Fair)
»Wenn das Philosophie ist, dann funktioniert es überaus gut: Peter Godfrey-Smith ist nie dogmatisch, aber erschreckend scharfsinnig.« (Carl Safina, The New York Times Book Review)
Éric Vuillard : 14. Juli
Der Sommer 1789 ist herrlich warm und so schön, dass man die Hungersnot im vorangegangenen bitterkalten Winter leicht vergessen kann, zumindest in den Palästen. Im Volk aber wächst die Unzufriedenheit über die Willkür und Dekadenz der herrschenden Klassen, bis die drückende Hitze schließlich kaum mehr auszuhalten ist. Eines Nachts versammeln sich erste Gruppen in der Dunkelheit. Waffenarsenale werden gestürmt, Theaterrequisiten geplündert. Aus falschen Speeren werden echte Schlagstöcke. Die Kirchenglocken in Paris schlagen Alarm, doch zu spät: Am Morgen des 14. Juli hat sich die Menge bereits vor den Toren der Bastille versammelt – sie wird Europa für immer verändern. Éric Vuillard schildert die Geburtsstunde der französischen Revolution als bildreiches Panorama voller Miniaturen, die uns daran erinnern, dass Freiheit auch Gleichheit aller Menschen vor der Geschichte bedeutet.
»[›14. Juli‹] zeigt aufs Schönste, wie sich Literatur und Geschichte zu etwas Einmaligem verbinden und einem alten Stoff eine ganz neue Dimension erschließen können.« (Claudia Mäder, Neue Zürcher Zeitung)
»Welch ein großartiges Buch! Sätze zum anbeten. Keiner zu viel, keiner zu wenig. So einen Text hätte ich mir in der Schule gewünscht. Statt unserer drögen Geschichtsbücher…« (Buchhandlung Hoffmann in Achim)
»Eine Liebeserklärung an die menschliche Vorstellungskraft in einem überwältigenden Text. Ein Buch mit emotionaler Kraft, das zugleich auch das Elend unserer Zivilisation spiegelt.« (Le Monde des Livres)
Jean-Henri Fabre, Michael Ohl (Hg.) : Spinnen
In Jean-Henri Fabres poetischen Beschreibungen treten die Spinnen als lauernde Mörderinnen oder als Opfer spinnenjagender Wespen auf. Sie sind für ihn so abstoßend wie furchteinflößend, in ihrem Verhalten aber gleichermaßen anziehend und faszinierend. Begeistert von der Südfranzösischen Tarantel, der Schwarzen Witwe und der Kreuzspinne, beobachtet er gespannt deren Beutefang, ihre Paarung und Fortpflanzung wie auch Netzbau seiner häuslichen Nachbarn. Die Geometrie des Radnetzes der Kreuzspinnen veranlasst ihn zu philosophischen Überlegungen über mathematische Prinzipien in der Natur, während seine Familie fassungslos seinen Experimenten zusieht, mit denen er die vermeintliche Giftigkeit mancher Spinnenarten untersucht. Er bringt Licht in die Welt der im Verborgenen lebenden Tiere und so werden die Spinnen für ihn schließlich zu einem Sinnbild dafür, wie jeder Organismus in all seinen Teilen sich in den Organismus der von Gott geschaffenen Natur einfügt.
Freiheit, Tyrannei, »Volk« und Monarchie – Themen, die Paul Valéry zwischen 1936 und 1938 in einem separat geführten Carnet notierte, das parallel zu seinen legendären, lebenslangen Cahiers entstand. In den historischen, zeitgeschichtlichen, politischen Aperçus und Kurztexten geht es ihm darum, Tiefenstrukturen anarchischen Denkens und Handelns aufzuspüren: um eine Kritik von Staatsformen, problematische Grundfragen zu Nation und Gesellschaft, zu Souveränität und Autorität, zu Macht, Gewalt und Angst, um Rechtsformen und Rechtsprechung – wie auch um deren historische Akteure, etwa Napoleon, Trotzki, Hitler oder den Zufall. Seine Überlegungen sind hellsichtig und überraschend; geschrieben in einer Vorkriegszeit, verbinden sie sich erschreckend direkt mit unserer Gegenwart. »Was Valéry zu Macht, Mehrheitswahlrecht, Nation, Gewalt und Angst notiert, ist bis heute weder eingeholt noch überholt worden und deshalb: ein Buch der Stunde.« (Cord Riechelmann, Philosophie Magazin)