15. Juni | ab 14 Uhr :    UCKERMÄRKISCHER  BLOOMSDAY 2025

James Joyce 1915, Foto: Alex Ehrenzweig

Der Held aus James Joyce weltberühmten Roman Ulysses, Leopold Bloom, streift am 16. Juni 1904, von 8 Uhr morgens bis nach Mitternacht, durch Dublin – der weltweit gefeierte Bloomsday erinnert daran.

Da wir Uckermärker schon immer schneller als andere sind, feiern wir den Bloomsday nicht am 16.6., einem Montag, sondern bereits am 15.6.,  einem schöneren Sonntag!

 

 

14 Uhr :    Uckermärkischer BLOOMSDAY-LUNCH á la Joyce
Gorgonzola-Sandwiches “the feety savour of green cheese” & Burgunder-Rotwein “mild fire of wine” 
(Uckermärkischen Kaffee gibts auch)
 
15 Uhr :    UTA BAATZ (Düsseldorf)    liest aus dem Roman „Ulysses“ von James Joyce
Leopold Bloom, Anzeigenakquisiteur bei einer Dubliner Tageszeitung, durchstreift in 18 Episoden die irische Stadt Dublin. Alles, was Bloom durch seinen Kopf geht, was er sieht, wen er trifft, Erinnerungen, ungeordnet und bruchstückhaft, beschreibt dieser Roman. Nicht von ungefähr lehnte der Ire James Joyce seinen Roman an Homers Irrfahrten des Odysseus an. Der Roman „Ulysses“ ist der bedeutendste Roman von Joyce, mit seinem literarischen Bewußtseinsstrom in Form eines einzigen Buches (1922 erschienen, 1927 erstmals in Deutsche übersetzt) begann im 20. Jahrhundert der moderne Roman.

16 Uhr :    JÜRGEN SCHNEIDER (Düsseldorf)    spricht über „Ulysses und die Kunst“
Zahlreiche Künstler haben sich auf „Ulysses“ bezogen. Zu den bekanntesten gehört unter anderem Joseph Beuys.
»Joseph Beuys verlängert im Auftrag von James Joyce den Ulysses um sechs weitere Kapitel« ist der Titel einer Arbeit, die Beuys wahrscheinlich in den Jahren 1957 bis 1961 geschaffen hat. Sie umfasst sechs Hefte im DIN A5-Format mit 750 Seiten und 355 Zeichnungen in Bleistift und teilweise in Wasserfarben. Über solcherart Bezüge, Fortsetzungen, Ergänzungen, Konterkarierungen berichtet Jürgen Schneider – in Wort und natürlich Bild.   

17 Uhr :    FILMVORFÜHRUNG     Peter Leippe „Rückkehr nach Irland. Erinnerungen an ein Tagebuch von Heinrich Böll“ (1989 / 45 min.) 
„Langsam stach die Morgensonne weiße Häuser aus dem Dunst heraus, ein Leuchtfeuer bellte rot-weiß dem Schiff entgegen, langsam schnaufte der Dampfer in den Hafen. Möwen begüßten ihn, die graue Silhouette von Dublin wurde sichtbar, verschwand wieder: Kirchen, Denkmäler, Docks, ein Gasometer. Zögernde Rauchfahnen aus einigen Kaminen. Frühstückszeit für wenige nur: noch schlief Irland.“ Das sind die Worte, mit denen Heinrich Böll in seinem Irischen Tagebuch seine Ankunft auf der „Insel der Heiligen“, wie er sie nennt, schildert, bevor er müde vom Schiff taumelt. Das Buch – eine Sammlung von 18 Prosastücken, Skizzen, Kurzgeschichten und kurzen Erzählungen – 1957 in der Bundesrepublik erschienen, wurde als eines der schönsten, sprachlich und geistig reichsten Gegenwarts-Reisebücher rezensiert. Es war das literarische Ergebnis mehrerer Irlandreisen, die der Autor seit 1954 auf die grüne Insel unternommen hatte.
 Heinrich Böll, der 1972 den Nobelpreis für Literatur erhielt, zeigt in seinem Tagebuch das idealisierte, poetische Bild eines Landes, in dem trotz Armut und sozialer Rückständigkeit die Kluft zwischen Ideal und Wirklichkeit aufgehoben scheint. Peter Leippe, Autor der Sendung, hat sich auf die Suche nach dem Irland Heinrich Bölls gemacht, er kommt zu folgendem Ergebnis: „In den vergangenen drei Jahrzehnten, seit das Irische Tagebuch erschien, hat sich wenig geändert. Dem hoffnungsvollen Aufschwung in den sechziger und siebziger Jahren, als zum ersten Mal die Zahl der Rückkehrer die der Auswanderer überstieg, folgte auf die weltweite Rezession eine Dauerkrise der irischen Wirtschaft, und heute ist ein Arbeitsplatz in England, Australien oder den USA für den Iren wieder eine realere Cahnce als einer in Limerick, Cork oder Dublin. Fast ist alles wieder so wie 1954, als Heinrich Böll zum ersten Mal West-Irland besuchte.“


18 Uhr :   CORNELIA JENTZSCH (Melzow)   liest aus Heinrich Böll „Irisches Tagebuch“
Niemand hat das Irenbild der Deutschen nachhaltiger geprägt als Heinrich Böll und sein millionenfach verkauftes „Irisches Tagebuch“ von 1957. Es gibt wohl kaum einen deutschen Irland-Touristen, der Heinrich Bölls „Irisches Tagebuch“ nicht kennt. Der spätere Literatur-Nobelpreisträger kam 1954 erstmals nach Irland. Im Jahr darauf kehrte er mit seiner Familie zurück und entdeckte Achill Island, wo er nach weiteren Aufenthalten 1958 ein kleines Cottage kaufte. Achill Island wurde der Familie zu einer zweiten Heimat. Böll und seine Familie haben viele Sommer in diesem Cottage verbracht, ein nicht geringer Teil seines Werks ist hier entstanden… Seine Eindrücke veröffentlichte er zunächst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, drei Jahre später kamen seine überarbeiteten und ergänzten Impressionen in 18 Kapiteln als „Irisches Tagebuch“ heraus. Ein dokumentarischer Reisebericht ist es freilich nicht, Böll hat seine Freiheit als Schriftsteller genutzt und manches hinzu erfunden, zum Beispiel den Kupferkessel im Kapitel „Die schönsten Füße der Welt“. (https://www.goethe.de/ins/ie/de/kul/sup/deutsche-spuren-in-irland/25702070.html) 
Das Buch beschreibt Irland zu einer Zeit, als es noch eines der ärmsten Länder Westeuropas in fast isolierter Randlage war. Den Hintergrund der Erzählungen bilden die Rückständigkeit der Infrastruktur, die traditionelle Religiosität der Iren und der Aderlass durch Auswanderung nach Großbritannien und Übersee. Den eher poetischen als journalistischen Anspruch bekräftigt Böll mit dem Motto: „Es gibt dieses Irland: wer aber hinfährt und es nicht findet, hat keine Ersatzansprüche an den Autor.“
(Heinrich Böll: Irisches Tagebuch. Verlag Kiepenheuer & Witsch)
  
19 Uhr :    THOMAS IRMER (Berlin)    stellt das Buch „Finn’s Hotel“ von James Joyce vor
Finn’s Hotel, so hieß das Hotel, in dem Nora Barnacle, die spätere Ehefrau von James Joyce, als Zimmermädchen arbeitete. Ganz am Anfang der Überlegungen, aus denen Finnegans Wake hervorgehen sollte, fragte sich Joyce: Wie wäre es, wenn man Irlands Vergangenheit in den Träumen des am Ufer der Liffey schlafenden mythischen Helden Finn McCool Revue passieren ließe? Das Buch Finn’s Hotel besteht aus einer Folge von Fabeln, kurzen, prägnanten Prosatexten zu den entscheidenden Momenten der irischen Geschichte, beginnend mit der Ankunft St. Patricks auf der Grünen Insel im Jahr 432: des Heiligen, der Irland bekehrt? Nein, Irland bekehrt ihn – zu allem, was irisch ist. Joyce schrieb die zehn Episoden 1923, ein halbes Jahr, nachdem er sich vom Ulysses befreit und lange bevor er einen genaueren Plan für Finnegans Wake gefasst hatte. Danis Rose suchte die im Nachlaß der Finnegans Wake-Papiere verstreuten Geschichten zusammen. Er begründete ihre Einheit und Eigenständigkeit. 2013 erschien Finn’s Hotel: ein neues, unbekanntes, erstaunliches Werk von James Joyce.
(James Joyce : Finn’s Hotel. Herausgegeben von Danis Rose. Mit einer Einleitung von Seamus Deane. Aus dem Englischen von Friedhelm Rathjen. Suhrkamp 2014.)

20:00 Uhr :   FILMVORFÜHRUNG    Peter Leippe „Der Fiddler von Dooney“ (2001 / 88 min.)
In den letzten zehn Jahren des 20. Jahrhunderts erlebte die Republik Irland ein Wirtschaftswunder sondergleichen. Der Dokumentarist Peter Leippe, der längere Zeit auf der grünen Insel lebte, bereiste nach 30 Jahren erneut das Land und begab sich auf die Spuren seiner Erinnerung. Er fand Flecken, wo die Zeit stehen geblieben scheint, der wöchentliche Bingo-Abend als Ereignis gehandelt wird, die Pubs in denen gesungen und musiziert wird. Ein Dokumentarfilm als sentimentale Reise in die Vergangenheit, die zugleich emotionaler Spurensicherung dient. 
Der Filmtitel lehnt sich an das Gedicht „The Fiddler of Dooney“ von William Butler Yeats an (gelesen von Yeats selbst auf: https://www.lyrikline.org/en/poems/fiddler-dooney-639).

Während des gesamten Bloomsdays
AUSSTELLUNG  von
  URSULA LEIPPE-HUTT 
: 
In those days – Irland 1968-72    (Photographien)

 

Sláinte, Leopold!  Guinness-Bier und Whiskey „john jameson & son“ –
die Lieblingsmarke von James Joyce !
Ádh mór! Herzhafte Speisen und Kuchen !

 

BIOGRAFIEN

James Joyce wurde am 2. Februar 1882 in Dublin geboren, wo er in schwierigen und ärmlichen Familienverhältnissen aufwuchs. Er studierte am University College von Dublin moderne Sprachen, u.a. Englisch, Französisch und Italienisch. 1902 ging er  für ein Medizinstudium nach Paris, führte dort aber einen ausschweifenden Lebensstil und begann zu schreiben. 1903 kehrte er nach Dublin zurück, konnte dort jedoch nicht Fuß fassen. Mit seiner Geliebten und späteren Ehefrau Nora Barnacle siedelte er 1904 auf den Kontinent über und lebte hauptsächlich in Triest. Er schrieb Kurzgeschichten und überarbeitete seinen ersten Roman Stephen Hero, der später als A Portrait of the Artist as a Young Man (Porträt des Künstlers als junger Mann) veröffentlicht wurde. 1914 erschien Joyces erste Kurzgeschichtensammlung Dubliners. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges zog er mit seiner Familie nach Zürich, wo sein bekanntestes Werk Ulysses entstand. Der Roman wurde 1918-1920 in Auszügen in der amerikanischen Zeitschrift »The Little Review« abgedruckt; 1921 wurde er wegen obszöner Inhalte verboten. Ernest Hemingway soll deshalb damals das Buch unter seinem Mantel von Kanada in die USA geschmuggelt haben. 1922 erschien Ulysses schließlich in (zensierter) Buchform in der Pariser Buchhandlung »Shakespeare and Company«. 1920 zog Joyce auf Einladung seines Freundes Ezra Pound nach Paris, wo er bis zu Frankreichs Besetzung im Zweiten Weltkrieg lebte. Dort entstand sein letzter Roman Finnegan’s Wake (Finnegans Totenwache), der 1939 veröffentlicht wurde. James Joyce starb am 13. Januar 1941 in Zürich. (Quelle: Suhrkamp Verlag)
  
Uta Baatz (Düsseldorf)    ist Kostümbildnerin und an internationalen Theatern tätig.

Thomas Irmer
 (Berlin)    Theaterwissenschaftler, Dramaturg und Publizist. Bis 1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Amerikanistik der Universität Leipzig, danach Chefredakteur von Theater der Zeit bis 2003, anschließend Dramaturg der spielzeit europa bei den Berliner Festspielen bis 2006. Seit 2015 Autor und Herausgeber bei Theater der Zeit, u.a. Castorf (2016) und Luk Perceval (2019). Seit der Januar-Ausgabe 2022 von Theater der Zeit ist er verantwortlicher Redakteur.

Cornelia Jentzsch
 (Melzow/Uckermark und Berlin)    Literaturkritikerin, Essayistin und Moderatorin. Journalistikstudium, Galerieassistenz, Rechercheurin für DEFA-Dokumentarfilme, Druckhaus Galrev, literaturWERKstatt berlin, Matthes & Seitz Berlin, Urania Berlin e.V. Veröffentlichungen in Rundfunk, Printmedien, Anthologien und Monografien.

Ursula Leippe-Hutt (Berlin)   Fotografin.

Peter Leippe (1944- …)    Geboren in Heidelberg, Studium der Malerei an der HfbK Berlin, Meisterschüler bei Prof. Peter Janssen.
1969 DAAD-Stipendium für Irland, 1971 Zeichenlehrer und Klavierbegleiter in Irland, 1972-76 Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin Berlin, 1976 Abschlußfilm ‚Der letzte Schweizer‘ (Dok.-Festival Mannheim), ab 1977 Autor und Regisseur von Dokumentarfilmen, ab 1987 auch Produzent (MÄRZfilm), bekannt für u.a. Stille Tage in Sommières (1987), Echolot (2003) und Von der Ähnlichkeit zum Menschen (1979).

Jürgen Schneider (Düsseldorf)   1952 in Wiesbaden geboren, studierte Anglistik und Politikwissenschaft in Frankfurt/M. Er lebt und arbeitet als Übersetzer, Herausgeber und Autor in Düsseldorf. Galerist. Zu seinen letzten Veröffentlichungen gehört „Paddy’s Speis und Trank. Eine kulinarische Reise durch die irische Literatur“ (2004), Jürgen Scheider / Hans Christian Oeser  „James Joyce. Leben. Werk. Wirkung. Biographie“ (Suhrkamp 2007),  „Ja liegt denn Dublin nicht auf Hawai? Literarisches Irland 1989-2022.“ (Cover und Collagen von Seán Hillen. Schönebeck-Pretizien: Moloko Print 2022), „DANN & WANN Gedichte und Collagen. (Schönebeck-Pretizien: Moloko Print 2023).

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